Mittelmaß – kaum mehr, kaum weniger

Die Saison war kaum vorbei, als ein mittelschweres Beben die Eintracht erschütterte: Trainer Schaaf trat genervt zurück, in den Medien war bzw. ist die Rede von einem Zerwürfnis zwischen Hellmann und Bruchhagen, was umgehend von der Eintracht in einer fadenscheinigen Pressemitteilung bestritten wurde. Während Sportdirektor Hübner nun also nach einem neuen Trainer und neuen Spielern sucht, haben wir Zeit, ein Saisonfazit zu ziehen und die Spieler mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ein Gott zu Beginn im Schatten

Die Eintracht startet gut in die Vorbereitung, viele Spieler machten (auf teils neuen Positionen, wie Inui) auf sich Aufmerksam und deuteten eine interessante Saison an. Nach 34 Spieltagen aber können wir festhalten: Einzig komplett überzeugend war Alex Meier, Fußballgott, Torschützenkönig, verletzter Zuschauer in den letzten Spielen, einziger „Star“ und Dauerkritisierter. Erst von Thomas Schaaf, der ihn anfangs draußen ließ, keinen Platz finden wollte, aber vom Fußballgott AM14 höchstpersönlich eines besseren belehrt wurde, als er im Laufe der Saison traf und traf und traf. Eine Freundschaft entstand nie zwischen beiden – ebenso wenig wie zu Hübner, der Meier für seinen Spielstil kritisierte, als der Torjäger sich eine kurze Auszeit nahm und nicht in jedem Spiel traf.

Abwehr? Geht besser, viel besser!

Auch Marco Russ machte sich nicht nur Freunde. Er spielte eine gute Bundesligarunde, lief dem glücklosen und anschließend verletzten Bamba Anderson den Rang als Innenverteidiger ab, kritisierte das Team, wenn es nicht lief und ließ seinem Ärger auch gegen Vereinslegende Jürgen Grabowski freien Lauf. Russ beschimpfte diesen und seine Meinungsäußerung nach dem Pokal-Aus gegen Gladbach: „Es bringt nichts, wenn so ein Voll-Experte wie Grabowski, der 1920 Fußball gespielt hat, sein Maul aufmacht.“ Eine unnötige Nebenbaustelle, die Russ´ Leistungen auf dem Platz nicht schadeten.

In der Innenverteidigung kamen bei der Eintracht neben Russ und Bamba noch der Peruaner Carlos Zambrano und Alexander Madlung zum Einsatz. Für Zambrano war es keine gute Saison, der unbestritten beste Verteidiger der Adler war oftmals verletzt und spielte meist unter seinem Niveau: Unsicher mit erstaunlich vielen Mätzchen. Geht bei ihm besser – hoffentlich verlängert er seinen Vertrag. Für ihn sprang häufig Alexander Madlung in die Bresche. Und der machte seine Sache erstaunlich gut, erzielte mit seinen vier Saisontreffern mehr Tore als Zambrano und Bamba in ihrer gesamten Zeit bei der SGE. Nicht schnell, dafür solides Stellungsspiel, in der Luft quasi nicht zu bezwingen. Seinen Vertrag sollte man auf jeden Fall um ein weiteres Jahr verlängern. Constant Djakpa war wie Nelson Valdez im Mittelfeld früh schwer verletzt, Bastian Oczipka, Timothy Chandler oder Aleksandar Ignjovski fielen als Außenverteidiger alle durch. Hinten zu viele Fehler, zum Teil zu langsam und zweikamofschwach, dazu eine weite Streuung der Flanken – sie waren stets bemüht, es kam nur leider zu wenig bei rum. Einzig Oczipka wusste in einigen Spielen zu überzeugen, allerdings auch eher in der Offensive. Ich würde mich freuen, ihn mal vorne links zu sehen, zumal er einen sehr guten Schuss hat, also vorne auch gefährlich werden kann.

Ebenfalls lobend zu erwähnen sind die beiden Torhüter Kevin Trapp und Felix Wiedwald. Trapp hielt das ein oder andere Mal überragend, verletzte sich in der Hinrunde gegen Mainz schwer und wurde vom alten und neuen Bremer Wiedwald bemerkenswert stark vertreten. Als dieser in Fahrt kam, knockte ihn das Pfeifferschde Drüsenfieber aus. Bitter. Also verpflichtete die Eintracht Timo Hildebrand, der drei Spiele lang im Kasten stand und acht Gegentreffer schluckte – ihm kann man dennoch keinen Vorwurf machen. Richtig loben über die ganze Saison darf man Trapp und Wiedwald dann doch nicht – denn die zweitmeisten Gegentreffer (62) lagen nicht nur an den Verteidigern, sondern manchmal auch an dem Gesamtdefensivkonstrukt, zu dem auch die Keeper gehören.

Mittelmaß im Mittelfeld

Im Mittelfeld war mit großen Erwartungen der Brasilianer Piázon verpflichtet worden, als Leihgabe des großen FC Chelsea London. Auch wenn er technisch einiges zu bieten hat (was trotzdem nicht für Chelsea reichen dürfte), war er im wahrsten Sinne des Wortes ein Leichtgewicht, ein Spieler, der immer viel lief, aber im Prinzip keinen Zweikampf gewann, nicht mutig genug spielte – aber immerhin die Siegtreffer gegen den HSV (Hammerfreistoß!) und Schalke (per Kopfball) erzielte. Ähnlich bei dem Japaner Inui. Sollte als Zehner agieren, was Schaaf gleich verwarf, woraufhin Inui in alte Muster verfiel: Fehlpässe, schlechte und schwache Abschlüsse, manches Mal die erhoffte Genialität. Immerhin durfte er öfter spielen als Johannes Flum. Unter Veh noch gesetzt, spielte der ehemalige Freiburger kaum, ebenso der spät verpflichtete Slobodan Medojevic von Wolfsburg. Dieser zeigte seine Fähigkeiten zu Beginn, bevor er oftmals entscheidende Fehler beging, die die Eintracht Punkte kostete.

Ausreißer nach oben

Immerhin Makoto Hasebe, Nürnberger Neuzugang, war mehr Licht als Schatten. Gute Zweikämpfe, wunderbare Pässe zuweilen, aber zu wenig Torgefahr und zum Schluss mit Leistungsabbau lassen darauf hoffen, in ihm den entscheidenden Leader gefunden zu haben. Über Stefan Aigner (übrigens Schütze des besten Tores der Saison laut bundesliga.de, witzig dabei: Sky gefällt die Wahl nicht, sie starten jetzt eine eigene Wahl) muss man nicht viel sagen: Anfangs  auf der Bank, immer mal wieder verletzt, aber ein Dauerläufer und ein Torjäger vor dem Herrn, damit der wichtigste Mittelfeldspieler, zusammen mit Marc Stendera. Der frisch gebackenen U19-Europameister war vor der Saison von niemandem als Stammspieler und Leistungsträger erwartet worden, doch er strafte alle Lügen. Wenn auch nicht alles gelang, er auf plötzlich unbekannter Position agierte (defensives Mittelfeld, 8 statt 10), gab er viele Vorlagen, schoss Tore und ackerte und kämpfte und organisierte das gesamte Team. Klar ist aber auch, dass er bei seinem Alter in manchem Spiel abtauchte. Derzeit sorgt er bei der U20-WM in Neuseeland für Aufsehen, erzielte in drei Spielen bereits vier Treffer, lieferte zusätzlich noch zwei Assists. Der Junge hat Potenzial, ein ganz Großer zu werden.

Frankfurter Jungspunde – oftmals vom Pech verfolgt

Dieses Potenzial muss man Sonny Kittel mittlerweile wohl leider absprechen. Wenn der Körper nicht mitmacht, geht es halt nicht. Bei seinen Einsätzen immer auffallend aktiv, immer bemüht, oftmals glücklos. Doch was will man erwarten von einem, der 4,5 Spiele macht, und dann wieder monatelang ausfällt. Einfach bitter. Auf sich aufmerksam gemacht haben Luca Waldschmidt und David Kinsombi mit ihren ersten Bundesligaeinsätzen. Kinsombi durfte gegen Hannover und Wolfsburg ran, und man sah eines deutlich: Sowohl taktisch als auch läuferisch hat er noch einiges zu Lernen. Es liegt am neuen Trainer ihn zu fördern, ihn weiterzuentwickeln. Das Potenzial hat er definitiv. Gleiches gilt für Luca Waldschmidt. Die halbe Saison hatte er mit einer schwerwiegenden Leistenverletzung zu kämpfen, ehe er die U19 zum Klassenerhalt schoss und in den letzten Partien Bundesligaluft schnuppern durfte. Jung, unbekümmert, körperlich noch zu leicht: Da geht was. Keinen Einsatz bekam Joel Gerezgiher, was aber nur an seinen zahlreichen Verletzungen gelegen haben dürfte. Zeigte im Training und in den Testspielen, dass auch er ein guter Kicker ist. Nicht von ungefähr wurde sein Vertrag vorzeitig verlängert, man scheint mit ihm zu rechnen.

Abteilung Attacke: Das Sahnestück

Zu AM14 braucht man nichts mehr zu sagen – wohl aber zu seinem kongenialen Partner Haris Seferovic. Von San Sebastian für an die drei Millionen Euro verpflichtet, traf der Schweizer anfangs, wie er wollte. Er lief viel, produzierte eine Menge Vorlagen, bevor er sich viel zu lange Auszeiten nahm. Zumal: Der Stürmer stand in der Liga mit am häufigsten im Abseits, er schaffte es nicht, Verantwortung zu übernehmen, wenn es bei der Mannschaft nicht lief, tauchte vielmehr zu oft ab. Trotzdem einer der großen Stützen des Teams, ist in Frankfurt angekommen. Scheint ein Motivator zu sein, kann Spieler und vor allem Fans über sein Facebookprofil mitnehmen und heiß auf die Spiele machen. Vaclav Kadlec hatte zu Beginn gute Ansätze, schoss unter anderem das wichtige 2:2 gegen Wolfsburg, bevor er von Schaaf (wie vorher schon von Veh) nicht mehr beachtet wurde. Kehrt nach seiner winterlichen Leihe nach Prag (13 Spiele, 9 Tore) zurück – und erhält unter neuem Trainer erneut eine Chance. Hoffentlich.

Soweit die Spieler in der Einzelkritik. In den nächsten Tagen folgt eine kurze Zusammenfassung der Spiele aus der vergangenen Bundesliga-Saison unserer magischen

Eintracht! (mak und pasch)

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